Island Tage 5 & 6: Schon wieder Hochland – Über die Kjölur nach Süden (F35)

Einmal quer durch Island auf der F35Liebe Freunde,
nachdem Friedbert seinen VPN-Tunnel fertig gegraben hatte, durfte er direkt wieder von vorne anfagen: Wir sind nämlich in diesem Jahr umgezogen (natürlich nur damit die Mopeds endlich eine Garage haben) und sind deshalb wenig zum Schreiben und noch weniger zum Motorradfahren gekommen. Jetzt aber!

Nach dem anstrengenden Abstecher in die Sprengisandur hatten wir uns für den nächsten Tag eine ruhige und kurze Tour versprochen. Klar war, dass wir in den Süden wollten. Der große Plan: Über die Kjölur mit einem Abstecher nach Hveravellir, vorbei an Gullfoss und Strokkur zum Golden Circle. Der Tagesplan: Maximal bis in die Kjölur reinfahren und dann den Rest eines gemütliches Tourentages in einem Heißwasser-Pool abhängen. Es sollte anders kommen.

Auf der F35

Das Wetter ist fein, wir kommen auf der N1 gut voran. Vorbei geht’s an der zweitgrößten Stadt Islands, Akureyri, bis Bólstadarhlid, wo wir von der Hauptstraße in die F35 abbiegen. Vollbepackt und vollgetankt und gut versorgt mit Übernachtungstipps wollen wir bis Eldsstadir, höchstens aber bis Afangi, fahren und dort übernachten. In Eldsstadir finden wir jedoch keine Bleibe. Aber kein Problem, wissen wir doch von der Dame an der Touri-Info in Bólstadarhlid, dass in Afangi Hütten sein sollen. Ist auch so. Die Tür zum Empfang des Hüttenparadieses ist zugepflastert mit Willkommensschildern für Kreditkarten. Leider ist sie verschlossen, wie auch alle anderen Türen aller anderen Hütten. Irgendwo blöken einsam ein paar Schafe. Ist also nix mit kurzer Tour.

Kreuzung nach Hvravellir

Wir planen um: Hveravellir setzen wir als Ziel an. Das sind noch mal gute 50 Kilometer über eine Piste mit großen groben Steinen. Am Straßenrand erinnern zerfetzte Reifen daran, dass dies eine Materialschlacht erster Güte ist. Der Wind wird immer stärker. Temperatur um die Null Grad. Die Landschaft: karg. In der Ferne Gletscher.

Abstecher nach Hvravellir

Wir schaffen es bis nach Hveravellir. Trauen uns fast nicht anzuhalten, weil es so bläst, dass es uns fast umwirft. Und es ist kalt. Wir haben mittlerweile immer Regenzeug an, damit wir warm bleiben. Futter in den Motorradklamotten ist selbstverständlich. Ohne dickes Fleece darunter geht’s gar nicht.

Unser Zelt auf Island

In Hveravellir sind die Hütten alle ausgebucht. Also fangen wir an, unser Zelt aufzubauen. Der Wind findet das nicht gut. Friedbert und ich hatten bei der Tourplanung an alles gedacht: fette Schlafsäcke, leichte Luftmatratzen, Reifenflickzeug, Reservekanister, ausreichend Wasserflaschen und Proviant. Eigentlich alles. Nur dass mit dem sturmfesten Zelt ist uns irgendwie entgangen. Der Wind drückt unser Kuppelzelt flach auf den Boden. Selbst wenn es die Nacht über stehen bleiben sollte, darin wollen wir nicht schlafen. Friedbert macht sich noch mal auf zum Empfang – und siehe da: Die Hütten sind auf einmal frei! Eine andere Reisegruppe ist abgesprungen.

Hvravellir

Wir verlegen unser Quartier, in den Hütten ist es dank Heißwasser aus einer nahegelegenen Quelle, das per Schlauch in die Heizung geleitet wird, schön warm. Auf ein Bad im Naturpool kann ich mich bei Null Grad trotzdem nicht überreden.

Naturpool bei Hvravellir

Am nächsten Morgen treibt es uns früh raus. Es ist eisig. Die Sitzbänke von Twin und KTM sind mit dickem Reif überzogen. Wir packen unser Zeug zusammen und machen uns auf den Weg – ohne Kaffee oder Frühstück, denn die kleine Gaststätte, die gleichzeitig Rezeption ist, hat noch geschlossen.

F35 von Hvravellir nach Laugarvatn

Der Wind hat nicht nachgelassen. Die Piste ist auch nicht reifenfreundlicher geworden. Mittlerweile haben wir’s drauf unabhängig von der Beschaffenheit der Wege mit 70, 80 Stundenkilometern zu fahren. In Hvitarnes, nach 60 Kilometern, machen wir Rast. In der netten Hütte gibt’s Kaffee und was zum Frühstücken. Dann geht es weiter. In der Ferne sehe ich meinen ersten Sandsturm.

Auf der F35

Auf einmal läuft die Twin heiß. Immer wieder springt die Motorkühlung an. Und das bei vielleicht 3 Grad und Sturm. Normalerweise macht sie das nur in Italien oder Spanien bei 30 Grad und Schleichtour durch verwinkelte Städtchen. Da stimmt was nicht! Ich halte an, Friedbert stoppt neben mir. Ich erzähl ihm von meinem Problem. Er: „Ist bei mir auch so.“ Irgendwie beruhigt es mich, dass die Kühlungen von unseren beiden Motorrädern spinnen. Hauptsache kein Twin-spezifisches Problem… Bald zeigt sich auch, dass es gut war, den Friedbert Physik studieren zu lassen! Nach ein, zwei Kilometern hält er an und erklärt, warum die Motoren heiß laufen: Wir fahren genauso schnell wie der Wind, der uns vor sich hertreibt. Der Motor wird also nicht vom Fahrtwind gekühlt. Tatsächlich verschwindet das Phänomen, sobald der Wind nicht mehr von vorne kommt.

2x2 auf der F35

Wir kämpfen uns weiter entlang der Kjölur. Bald haben wir es geschafft: Die ersten 2×2 Pkw rollen uns vorsichtig entgegen, dann sehen wir einen großen Parkplatz und Wasserdunst in der Ferne. Der Gullfoss ist nicht mehr weit. Natürlich schauen wir uns das Spektakel an.

Gullfoss

Das Dröhnen der Wassermassen, die in die Tiefe stürzen, der Wasserschleier, der sich über alles legt, ist schon beeindruckend. Sicherheitshalber lass ich mal meinen Helm auf…

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Weiter geht’s zum nächsten Naturschauspiel, dem Strokkur.

Strokkur

Der Wind hat nicht ein bisschen nachgelassen und bläst die Wasserfontäne, die aus dem Erdinneren herausschießt, weg. Wie das aussieht, zeigt Friedberts Video.

Schon beim Warten auf die Strokkur-Fontäne merke ich, dass ich einfach platt bin. Zwei anstrengende Tour-Tage liegen hinter mir. In der Nacht habe ich dank Schnarchnachbar in der Hütte wenig geschlafen. Ich kann nicht mehr. Wir fahren noch ein bisschen und machen dann am Laugarvatn Stopp. Wir beschließen den Tag mit einem Spaziergang zum See und überlegen noch kurz, ob wir die Matteo-Therme näher inspizieren sollen. Wir lassen’s bleiben und investieren den so gesparten Eintrittspreis von 25 Euro pro Nase in der örtlichen Pizzeria in Bier und italienische Teigwaren.

Lasst es krachen!
Eure Adelmut

GPS-Tracks

Fotos der Tour

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