Island Tag 4: Ab ins Hochland — vom Goðafoss in die Sprengisandur und zurück über Akureyri

Friedbert gräbt gerade einen VPN-Tunnel – ich stell mir den in Art des Tunnels vor, der zum Nordkap führt: 7 Kilometer lang und 200 Meter unter dem Meer. Deshalb kann er gerade nicht weiter von unserer Island-Tour berichten. Also mach ich’s.

P1020417Am vierten Tag auf Island wagen wir uns ins Hochland. Es ist – für isländische Verhältnisse – wunderschönes Wetter: Fünf oder sechs Grad Celsius, wolkenfreier bis leicht bewölkter und strahlend blauer Himmel, die Berggipfel hat jemand über Nacht mit Puderzucker bestreut. Ein Tag wie gemacht für einen Abstecher in die Sprengisandur!

Wir fahren an unserem Hauswasserfall Goðafoss  vorbei auf der 842, die später in die F26 übergeht. Das obligatorische Schild, das Mietwagenfahrer aufs Ende des Versicherungsschutzes hinweist, falls sie mit ihrem 2x angetriebenen Auto oder einem Pseudo-Jeep ins Hochland fahren, fehlt nicht. Es macht uns auch auf die kommenden Furten aufmerksam.

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Wir machen noch einen kleinen Abstecher zum Aldeyarfoss mit seinen schnuckeligen Toilettenhäuschen. Dann geht’s ins Hochland.

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Was soll man sagen? Der Isländer, den wir am ersten Tag auf Island getroffen hatten, hatte recht: Was wollen wir hier? Die Landschaft ist karg, variiert kaum, manchmal sind uns die Gletscher näher, manchmal ferner.

Hier ist es wesentlich eintöniger als an den beiden Tagen zuvor, wo uns die Farbenvielfalt in der kargen Landschaft zum Dauerfotografieren animiert hat. Ab und zu halten wir auch an, um Fotos zu machen, etwas zu trinken. Unglaublich: Es gibt hier Mücken. Und die freuen sich natürlich, dass sie auch mal Nahrung bekommen.

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Bald merken wir: Nach dem Berg ist vor dem Berg. Jedes Mal, wenn wir auf einen zurollen, denke ich: Dahinter kommt jetzt was Neues, Tolles, was Anderes. Dahinter ist dann das, was davor auch war: karge Wüste. Rund 120 Kilometer haben wir vor uns.

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Die Sprengisandur lässt sich gut fahren, auf unserer Route – wir werden vor Laugafell Richtung Akureyri auf die F821 abbiegen – sind nur wenige Furten. Da wir einen Sommer mit wenig Regen erwischt haben, sind sie leicht zu durchfahren. Ab und zu kommen uns Jeeps entgegen. Nachdem wir einen Tag zuvor den Track für uns alleine hatten, rechnen wir gar nicht mehr mit Autos, umso mehr erschrecke ich mich immer, wenn uns eins passiert.

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Das Hochland – so ca. 1000 Meter über NN – erinnert mich an den Spruch, den ich in unserem Lonely Planet (übrigens wenig empfehlenswert) gelesen habe: Iceland suffers no fools. Klar, wir haben alles dabei: Reifenflickzeug, Benzin, Wasser, Proviant. Trotzdem ist immer in meinem Hinterkopf: Wenn wir hier liegen bleiben, sind’s im schlimmsten Fall 60 Kilometer bis zum nächsten Haus. Auch wenn sich die Piste trotz ihrer Rauheit gut fahren lässt – es ist eine Materialschlacht sondergleichen. Und es geht mir in die Knochen.

Nach rund 60 Kilometern erreichen wir die Abzweigung von F881, F821 und F752. Wenn hier auch noch ein Schild „Mordor 25 km“ gestanden hätte, gewundert hätte es mich nicht.

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Wir nehmen die F821 nach Akureyri.  Die haben wir jetzt für uns allein. Andere Motorradfahrer hatten wir bislang auf unseren Strecken eh noch nie gesehen, aber hier wagt sich nun auch kein Jeep mehr hin. Bald wissen wir auch, warum.

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Noch bleibt die Landschaft, wie wir sie schon 60 Kilometer genossen haben: eine karge, aber dennoch faszinierende Wüste. Die Piste wird rauer. Abwechslung wäre mal gut. Die gibt’s dann auch. Wir fahren auf eine dunkle Wolke zu, die öffnet sich und herab kommt Schneegegriesel. Dann geht es auf einmal bergab, und zwar steil bergab: Von etwa 1000 Höhenmetern runter auf 200 – und das rapido, wie Friedberts Navi zeigt. Der Track wird sehr unwegsam: große Steine, Stufen, loses Geröll. Wir rollen im 2. Gang runter. Dann kommt die erste Furt. Geht, aber ich merke, dass ich doch ein großer Brückenfan bin.

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Der Weg folgt dem kleinen Fluss. Ich danke Gott für einen regenarmen Sommer, denn sonst wäre der Weg im Bach – das ist er jetzt schon teilweise. Erst als wir Wochen später Freunden unsere zahlreichen Fotos zeigen, wird mir klar, dass ich von dieser Strecke einen Großteil einfach verdrängt hatte: Wir sind viel im Wasser gefahren, immer wieder schneidet der kleine Fluss den Weg oder nimmt ihn  sich einfach. Das Wetter schlägt langsam um. Zwar hat das Schneegegriesel aufgegeben, aber bedrohliche Wolken kommen auf. Unsere Strecke wird flacher, das Wasser geht zurück. Eine große Furt noch. Friedbert und ich diskutieren, wie wir am besten durchkommen, schließlich sucht sich jeder von uns seinen Weg.

Allmählich wird der Track besser, ein großes, fast liebliches Tal (kann auch die Abwechslung nach der Wüste sein) liegt vor uns. Ein Paradies für die Island-Ponys, die hier leben. Eine Herde Einjähriger betrachtet uns aufmerksam, macht ein paar Galoppsprünge auf uns zu. Kleines Rennen gefällig?

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Dann haben wir es geschafft: Das Schild mit der Warnung für die Mietwagenfahrer ist für uns das Zeichen, das wir aus dem Hochland raus sind. Es war toll, anstrengend, einsam, machte mir die Verletzlichkeit der eigenen Existenz bewusst. Wir haben Glück gehabt: ein isländischer Sommer mit wenig Regen, ein wunderschöner trockener Tag, mit einem heftigen Wetterumschwung am Ende der Tour. In Akureyri werden wir noch richtig nass.

Island - Tag 3 - Route

Der Friedbert macht das ja immer so nett mit den GPS-Tracks. Ich hab Euch den Ausschnitt von der Karte eingescannt;)

Drei Tage mit drei anstrengenden und aufregenden Touren liegen hinter uns. Uns sitzt das Pistenfahren in den Knochen. Für den nächsten Tag nehmen wir uns deshalb vor, nicht so viel zu fahren. Es kommt natürlich anders. Doch davon demnächst mehr.

Lasst es krachen,

Eure Adelmut

2 Gedanken zu „Island Tag 4: Ab ins Hochland — vom Goðafoss in die Sprengisandur und zurück über Akureyri

  1. Liebste Adelmut,
    ich freue mich so, dass ich Dich als Koautorin gewinnen konnte. Nun bekommt unser Blog noch mehr Esprit.
    Für die Digital-Natives unter den Lesern füge ich noch den Track ein.
    Ich freue mich schon auf die neuen Touren, Urlaube und Abenteuer mit Dir!
    Herzliche Grüße
    Dein Friedbert

  2. Hey! Faszinierender Bericht!
    Vielen Dank! War im 2005 mit einem Landrover Defender dort. Die Grosse Traverse war ab dem Aldeyarfoss jedoch noch geschlossen.
    Wir hatten damals auch beim Godafoss übernachtet und sind dann bei Regen und Sturmböen zum Aldeyarfoss gefahren. Für mich der mit Abstand beeindruckendste Fall auf der Insel. Aber da hatte wohl auch das wilde Wetter und der dazugehörige imense Wasserstand einen Einfluss.
    Super Bericht! Danke Euch, andi

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