GPS-Motorradnavigation: Test Garmin zumo 660

Liebe Freunde,

Friedbert hat lange überlegt, ob er mit seinem neuen Motorrad auch ein GPS Navigationssystem benutzen möchte, oder ob das unsinnig ist. Bisher ist er ja auch ohne Ortungssystem durch die Welt gefahren und hat auf Papierkarten vertraut. Die renommierten Anbieter von mobilen Navigationssystemen bieten meist auch Motorradnavigationssysteme an. Die bekanntesten sind hierbei TomTom mit seinem Rider und Garmin mit der zumo-Serie. Danach folgen wohl das Becker Crocodile und das preiswertere NavGear TourMate, neben typischen PKW-Navigationsgeräten mit Motorradmodus. Letztere scheiden eigentlich für jeden Tourenfahrer aus, da sie nicht wetterfest und somit für den Motorradeinsatz ungeeignet sind.

Doch kann man mit den Geräten Papierkarten ersetzen? Sind sie auch für Endurotouren und für Offroad-Einsatz geeignet? Wie sieht es mit der Tourenplanung, der Zuverlässigkeit und dem Bedienkomfort aus?

Um es vorweg zu nehmen: Friedbert hat sich für das zumo 660 entschieden. Doch die Entscheidung für ein Motorradnavi scheint heute immer ein starker Kompromiss zu sein. Im folgenden will ich beschreiben, welche Kriterien zu der Entscheidung geführt haben, welche Alternativen es gibt und mit welchen Kompromissen man leben muss und hoffe, dass das Eure Kaufentscheidung vereinfachen wird. — Papierkarten kann meines Erachtens keines dieser Geräte ersetzen. Am besten ist man unterwegs mit einer Papierkarte im Tankrucksack und einem Navigationsgerät oberhalb der Instrumente.

Wasserfestigkeit

Wichtigstes Argument bei der Auswahl war die Wasserdichtigkeit. Die Systeme sind nach dem IPX Standard spezifiziert und die besseren bieten IPX7: „Schutz gegen zeitweiliges Untertauchen“. Andere spezifizieren meist IPX4: „Schutz gegen allseitiges Spritzwasser“ oder IPX5: „Schutz gegen Strahlwasser (Düse) aus beliebigem Winkel“. Garmin zumo 660 und TomTom Urban Rider sind beide nach IPX7 wasserdicht. In der Praxis entscheidet aber die Dauerfestigkeit und nicht alleine der Zustand des Neugeräts. In Gesprächen wurde immer wieder deutlich, dass Garmin hier die Nase vorne hat. Wahrscheinlich, weil die Firma schon viele Jahre Outdoor-Geräte für verschiedenste Einsatzbereiche, zum Wandern oder Bergsteigen, aber auch Produkte für Schiffe und Boote fertigt. Die nach außen geführten Buchsen sind alle entsprechend verklebt und das Batteriefach, in dem auch die USB-Anbindung versteckt ist mit einer soliden Gummidichtung versehen. Andere Geräte, übrigens auch ältere Geräte aus der zumo Serie, haben USB-Anschlüsse im Gehäuse, die trotz einer Versiegelung und IPX7 Tests, laut verschiedenen Erfahrungsberichten und Forumsdiskussionen über die Zeit wasserdurchlässig werden. Mein Verkäufer sagte mir, der zumo 660 habe dies nicht. Er sehe das deutlich an der Zahl der Reklamationen. Was soll ich sagen? Auch Friedberts zumo 660 ist bereits über Wochen hinweg durch Regen gefahren und hat noch keine Anzeichen wasserbedingter Probleme.

Zubehör und Lieferumfang

Der zumo 660 wird mit zwei Halterungen geliefert, einer PKW-Halterung mit Saugnapf für die Frontscheibe und Spannungsversorgung und einer Motorradhalterung mit verschiedenen Adaptern und Kugelgelenken der Firma RAM Mounts. Die Motorradhalterung kommt mit einer Kabelpeitsche, die individuell am Motorrad verlegt werden muss. Sie wirkt zwar solide, ihr fehlen jedoch jegliche Dämpfer um Vibrationen zu mindern. Für den Motorroller in der Stadt sicherlich geeignet — für eine Enduro auf einer Offroad Strecke?

Der zumo 660 besitzt eine Bluetooth Freisprecheinrichtung und so gibt es auch Varianten, die zusammen mit einem helmtauglichen Bluetooth Headset geliefert werden. Meiner Meinung nach nicht notwendig. Ich habe mich für die Variante ohne Headset entschieden. Ton liefert bei mir der V2 der KTM 990 Adventure.

Was fehlt ist ein Verkehrfunkempfänger. Dieser muss separat bestellt werden. Für das Motorrad benötigt man einen solchen meines Erachtens ohnehin nicht. Mit dem Bike kommt man auch einmal an einem Stau vorbei. Für die PKW Halterung wäre er ein Plus gewesen.

Kartenmaterial

Das Kartenmaterial stammt von der Firma NAVTEQ und beinhaltet 41 Länder Europas.
Westeuropa inklusive Island sowie Osteuropa einschließlich Türkei sind bereits auf dem Gerät vorinstalliert und aktiviert. Die Mittelmeerstaaten Nordafrikas fehlen leider, was aber wohl dem Standard entspricht. Nur wer die Karten auch auf dem PC installieren oder aktualisieren möchte muss einige Gigabyte Daten von Garmin herunterladen. Hierzu gibt es ein eigenes Tool. Der zumo 660 muss per USB an den Rechner  angeschlossen sein. Dann lädt der MapInstaller die Kartendaten herunter und installiert sie auf dem zumo. Achtung! Um die Daten zusätzlich für die Routenplanung durch die mitgelieferte Software MapSource verwenden zu können, muss hierfür unter Optionen die Installation auf dem PC aktiviert werden.

Für den Fall, dass die vorinstallierten Karten bei Lieferung nicht mehr aktuell sein sollten, bietet Garmin ein dreimonatiges Update nach Registrierung mit an. Garmin liefert vier Kartenupdates pro Jahr aus. Ein Einzelupdate von Europa schlägt zwar mit etwa 59 € zu buche, macht aber das Garmin nüMaps Lifetime Update Europa für 89 € um so attraktiver. Damit bekommt man für die Gerätelebenszeit Kartenupdates.

Weiterhin bietet Garmin auch Kartenmaterial für die wichtigsten Länder weltweit und insbesondere auch topografische Karten für Offroad-Navigation an. Das wohl wichtigste Argument für das Garmin Gerät ist aber die Offenheit gegenüber anderen Kartenherstellern. So hat man offensichtlich Drittanbietern erlaubt, das eigene Kartenformat (gmapsupp.img) zu schreiben und zu benutzen und somit gibt es aus verschiedenen kommerziellen aber auch freien Quellen zusätzliches Kartenmaterial. Die meisten freien Karten verwenden als Basis Daten aus dem Openstreetmap-Projekt und spezialisieren sich auf bestimmte Anwendungsfälle. Die bereits vorgestellte Reit- und Wanderkarte kombiniert z.B. Höhenliniendaten des Alpenraumes mit Openstreetmap Kartenmaterial und ergänzt eigene Wanderwege inklusive Informationen zur Bereitbarkeit bzw. Befahrbarkeit. Ein Download der Karte im Garminformat ist verfügbar. Kopiert man die Datei auf eine microSD Speicherkarte, kann sie im zumo 660 die teuere kommerzielle Topokarte ersetzen.

Befestigung am Motorrad

Ich hatte von einer Bekannten zunächst ein zumo 660 zum Test bekommen. Das Problem beim Testen ist der professionelle Verbau, der sich erst bei einem eigenem Gerät lohnt. Im Tankrucksack ist der Winkel ungünstig und man sieht das Display schlecht. Trotz einiger Schwierigkeiten mit dem Gerät habe ich mich aus oben genannten Gründen zum Kauf entschieden, wollte mich aber für meine KTM 990 Adventure nicht auf die mitgelieferten RAM Mounts verlassen, da diese keine Dämpfer besitzen und nur an ungünstiger Position am Lenker verbaubar sind. Meine Vorstellung war aber, das Garmin elastisch gelagert oberhalb der Instrumente zu verbauen. Hierfür sind folgende Teile notwendig:

  • Ein Basisträger von KTM (auch bei Touratech erhältlich)
    Dieser wird an den von KTM vorgesehenen Stellen oben am Cockpit befestigt. Hierzu muss das Windschild und Teile der Verkleidung entfernt und Löcher ins Cockpit gebohrt werden. In diesem Schritt sollte gleich das von Garmin mitgelieferte Kabel der Motorradhalterung verlegt werden.
  •  Die Touratech Halterung des zumo 660 wird auf dem KTM Basisträger befestigt. Vorher schraubt man den Garmin Motorradhalter auf die Basisplatte des Touratech Trägers. Es gibt zwei verschiedene Träger. Friedbert hat noch den alten Träger mit Klappverschluß. Heute würde ich jedoch die neue Variante „V2“ empfehlen, die einen Schiebeverschluß hat und insgesamt robuster u.U. auch ein wenig diebstahlsicherer erscheint.
  • In diese fest am Motorrad verbleibende Halterung wird der Garmin zumo 660 einfach eingesetzt und mit einem kleinen Schloss verriegelt.

Vorteil der beiden mitgelieferten Halterungen ist, dass das zumo 660 in der Motorradhalterung automatisch in den Motorradmodus wechselt und in der PKW Halterung den für PKW voreingestellten Navigationsmodus bereithält, ohne dass man jeweils von Hand umstellen muss.

Meine KTM 990 Adventure hat im Cockpit einen Anschluß für den Zigarettenanzünder. Dieser war bei Auslieferung mit Dauerplus verbunden. Ich würde empfehlen diese externe Spannungsversorgung auf die mit der Zündung geschalteten Spannungsversorgung umzulegen, das Garmin zumo 660 jedoch auf Dauerplus zu verdrahten, da sonst das Gerät beim Ausschalten der Zündung, nach einem 30 Sekunden Countdown, immer automatisch mit ausgeschaltet wird.

In einem Folgeartikel werde ich über die Garmin Navigationssoftware (onboard und offboard) berichten sowie ein Fazit ziehen. Bis hierher macht der zumo 660 einen durchaus guten Eindruck. Ob die Bedienung, der Funktionumfang und die Routenführung diesen Eindruck ebenfalls gerecht werden erfahrt Ihr im zweiten Teil dieses Artikels.

Herzliche Grüße
Euer Friedbert

3 Gedanken zu „GPS-Motorradnavigation: Test Garmin zumo 660

  1. Pingback: Test Garmin zumo 660 -- Teil 2 | Friedberts Motorradtouren

  2. Pingback: zumo 660 Kartenupdate | Friedberts Motorradtouren

  3. Hallo Friedbert,
    habe mich ebenfalls eingehend mit dem zumo beschäftigt. Zuerst mit dem 210. Da ich aber mit der Anzeige bei komplizierten Abzweigungen nicht zurecht kam, habe ich vor Kurzem auf das 660 umgestellt, weil ich mir Besserung durch den fotorealistischen Spurassistenten und dem größeren Bildschirm erhoffte: Naja, etwas besser ist es schon. Die Menüführung beider Geräte ist nahezu identisch.
    Das 340/350 schied für mich aus, weil es keinen zu-Fuß-Modus mehr gibt und ich das Gerät auch zum Wandern und Radfahren nutze.
    Das ist dann für mich auch der ausschlaggebende Punkt für Garmin: Die Möglichkeit, OSM-Karten mit Wander- und Radweg-Layer (z.B. von thkukuk) zu nutzen ist einfach unschlagbar.
    Außerdem kann man die unsäglichen Programme Mapsource und Basecamp prima durch den routeconverter ersetzen. Nicht einmal zum Runterladen der Tracks braucht man die, wenn man sich die Tracks direkt aus dem „current“-Ordner vom Gerät kopiert.
    Ansonsten kann ich dir nur zustimme: Harware ist gut, Software verbesserungswürdig, Aussicht darauf hoffnungslos (wie man an der Verschlimmbesserung bei der 3xx Geräten sieht).
    Übrigens könnte ich mir vorstellen, dass für den Offroad-Einsatz die OSM-Karten im zu-Fuß-Modus funktionieren, falls du Wege benutzt.

Dein Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.