Island Tag 3: Die Piste von Húsavik nach Mývatn — Baustelle für ein Thermalgebiet

Liebe Leser,

der letzte Tag war einfach wundervoll mit einem Bad in der Therme von Mývatn ausgeklungen. Wir fühlten uns erholt. Das Wetter zeigte sich jedoch unverändert wechselhaft. Regenwolken und blauer Himmel lösten sich nahtlos ab, wobei die Wolken leicht in der Überzahl waren. Der Hafen von HúsavíkHeute wollten wir uns Húsavík, ein Fischerörtchen nit etwa 2500 Seelen im Norden der Insel, das insbesondere für seine Waltouren bekannt ist, ansehen. Vom Goðafoss aus, an dem sich unser Guesthouse befand, folgten wir dem Skjálfandafljót in Richtung Norden. Wir entschieden uns, dem westlichen Ufer zu folgen, da wir noch einen Abstecher an die Mündung des Skjálfandafljót machen wollten. Tagesziel war jedoch die kleine, auf unserer Karte als dünne schwarze Linie gezeichnete Piste, von Húsavík nach Mývatn zu fahren. Gerade gestern hatten wir auf diese Weise doch eine der schönsten Strecken unseres Aufenthalts gefunden.

Ein Tag mit richtigem Islandwetter erwartet uns und es kostet mal wieder  Überwindung auf das Motorrad zu steigen. Die Berge sind mit zartem Weiß bedeckt. Hier am Goðafoss hat es etwa 2 bis 3°C. Mehr nicht. Ich bin froh, meine Winterhandschuhe eingepackt zu haben. Adelmut erfreut sich an Ihrer Griffheizung. Friedbert denkt nochmals über seine Ansicht nach, dass alles was nicht dem Vortrieb dient… Doch Adelmut fährt schon los.

Entlang des Skjálfandafljót zur Bucht von HúsavíkEntlang des Skjálfandafljót ist die Straße 85 zunächst geteert. Es beginnt zu regnen. Gut dass es kein Schnee ist, auch wenn unsere Enduroreifen eine M+S Kennung tragen. Am der Stelle, wo die 85 rechts über den Skjálfandafljót führt, fahren wir die Schotterstrecke zu seiner Mündung weiter. Ein schöner Abstecher, der jedoch an der Mündung zum Umkehren zwingt. Ein Revier von Seevögeln. Robben solle man an dieser Küste auch sehen können. Selbst von Walsichtungen von den Klippen aus wird gesprochen.
Legenden? Wir sehen Seevögel uns Islandponys. Wenn schon Wal, dann fahren wir doch in das Mekka des Whale Watchings: Húsavík.

Wir fahren zurück zur Brücke und folgen der 85 nach Húsavik. Erste Priorität hat ein Tankstopp. Die 990 Adventure ist wirklich durstig und hat einen zu kleinen Tank. Auf den Tagestouren habe ich auch auf den Ersatzkanister verzichtet, der eigentlich nur die Hochlanddurchquerung absichern sollte.

Whale Watching in HúsavíkWas sieht man in Húsavik an? Der Weg führt in den Hafen, wo mehrere Anbieter Walfahrten anbieten. In den Booten fahren eine Mischung aus selbsternannten Umweltschützern und japanischen Touristen aufs Meer, in der Hoffnung einen der selten gewordenen Meeressäuger zu sichten und natürlich zu fotografieren. In Island ist man jedenfalls dem Japaner näher. Auf den Speisekarten findet man immer mal wieder Gerichte mit Wal.

Húsavík HafenEine Tour mit den Walbeobachtern dauert etwa drei Stunden. Unser Ziel liegt jedoch im Hinterland von Húsavík. Gerade als das Schiff ablegt, bricht ein Sturm aus und überzieht ganz Húsavík mit Schneegraupel. Ohnehin schon durchnässt, fliehen wir in die nächste Gaststätte, einem Fischrestaurant direkt am Hafen. Ob die zwei durchnässte Biker einlassen? Die Gastfreundschaft auf Island ist unglaublich. Es ist selbstverständlich, dass man einem Gast einen trockenen Platz anbietet, damit er sich aufwärmen kann. Hinter der Theke liegen fangfrische Fischspezialitäten. Hier sollten wir wirklich Essen gehen. Das Haus wirbt damit, dass alles frisch und selbst zubereitet ist. Das Frühstück ist noch nicht so lange her. Wir wärmen uns bei Kaffee und selbst gebackenem Kuchen. Sehr lecker.

Am HöskuldsvatnNach dem Schnee geht es wieder auf die Motorräder. Knapp vor dem südlichen Ortsende zweigt links ein kleiner Weg durch eine Siedlung ab und mündet in einen unscheinbaren Schotterweg. Über diesen soll es bis zu den Luftlinie 50 km entfernten Seen Mývatn gehen? Wir brechen auf.

Die Beschaffenheit des Wegs ist sehr unterschiedlich. Es stellt sich heraus, dass die erste Etappe mehr einer Baustelle gleicht. Wie sich später herausstellt, wird die Straße neu gebaut, um ein etwa auf halber Strecke liegendes Thermalgebiet anzubinden. Schotterpiste von Húsavík nach MývatnDiese erste Etappe führt am Höskuldsvatn, einem mittelgroßen See vorbei, ab dem die Beschaffenheit der Schotterpiste wieder ein wenig besser wird. Teilweise ist das Schotterbett sehr grob. Offensichtlich fehlt noch die Deckschicht, die den Untergrund glatter macht.

Etwa 10 km weiter ist dann an einer Baustelle  vermeintlich Schluss. Große gelbe Schilder untersagen die Weiterfahrt. Construction Ahead! Das hätte man aber auch einmal früher anschreiben können. Ein Bagger gräbt gemächlich am Entwässerungsgraben neben der Piste. Wir steigen ab, um nach dem Weg zu Fragen. Schotterpiste von Húsavík nach MývatnNicht willens, seine warme Kabine zu öffnen, winkt der Baggerfahrer uns sofort weiter. Soviel zu gesperrten Straßen. Ich wollte es dann aber doch genauer wissen: „Kommt man hier durch bis Mývatn?“ Die Baumaschine stoppt, das Führerhaus öffnet sich: „Das kann ich nicht sagen. Ich baggere hier seit zwei Wochen und habe in Húsavik angefangen. Dies ist der südlichste Punkt den ich gesehen habe. Nächste Woche geht es weiter in Richtung Süden.“ — Soviel zur Ortskundigkeit von Baggerfahrern. Wir steigen auf und der Bagger dreht seine Schaufel zur Seite, um uns passieren zu lassen. Der nächste Abschnitt der Fahrt ist wieder deutlich rauer und die Beschaffenheit der Fahrbahn recht grobschottrig.

Thermalgebiet zwischen Húsavík und MývatnDoch dies ändert sich am Ende der Baustelle nach einigen Kilometern wieder und man trifft auf den alten kleinen Pfad. Dieser ist schmaler und glatt gefahren. Wohl die kleine Straße, die sich als dünne schwarze Linie über unsere Karte schlangelt. Das Sträßchen ohne Nummer, das wir eigentlich fahren wollten.

Wolken ziehen am Himmel, aber es bleibt weitgehend trocken. In der Ferne steigt Dampf auf. Typisch für Island. Hatten wir doch erst vor zwei Tagen das Thermalgebiet Hverarönð besucht.
Thermalgebiet zwischen Húsavík und MývatnHier im Hinterland ist kein Touristenparkplatz mit Bretterstegen und auch keine Absicherung der fast genauso stark blubbernden und brodelnden, heißen Wasser- und Schlammlöcher. Imposant. Wie nahe wird man wohl an die heißen Stellen hinangehen können. Abseits jeder Zivilisation ist man nicht heiß darauf, dies genauer zu erforschen. Hier entsteht ein kleines Thermalkraftwerk und man sieht die Island-typischen Heißwasserrohre. Wir beschließen weiter in Richtung Mývatn zu fahren.

Schotterpiste von Húsavík nach MývatnDie alte Straße ist gut und schnell zu fahren und der Wind hat auch nachgelassen. Sogar die Sonne durchbricht hin und wieder die Wolkendecke. Alle paar Kilometer ändert sich die Landschaft und die Straße.

Teils tun sich tiefe Gräben auf. Wir halten an. Unten scheint man einen Boden zu sehen. Das ist tief. Ein Boden? Die Augen adaptieren. Vielleicht doch nur ein Schatten? Zerklüftetes LandEs empfiehlt sich in jedem Fall streng den Fahrwegen zu folgen. Hier sind die Gräben, die sich jedes Jahr um mehrere Zentimeter bewegen können, aufgefüllt, so dass die Schotterpiste einfach einen Weg darüber bildet. Ein wirklich faszinierendes Land. An jeder Ecke gibt es Neues zu entdecken.

Die steinigen Passagen gehen in Schotter über und führen bald auf gut befahrbare sandige Pisten mit einen Wundervollen Fernblick auf die Hochebene.

Schotterpiste von Húsavík nach Mývatn

Nach mehreren Kilometern sehr angenehmer und abwechslungsreicher Fahrt erreichen wir die 87, den Kísilvegur, der von der Nordspitze der Mývatnseen in nordwestlicher Richtung nach Húsavik verläuft. Ursprünglich wollten wir in Richtung Mývatn weiter, aber der Tag soll noch nicht zu Ende gehen. Zu sehr genießen wir die Fahrt und die Landschaft, so dass wir in Richtung Norden der 87 folgen, wo wir immer kurz vor Húsavik immer wieder auf kleine Dörfer stoßen, die jeweils lediglich aus etwa 10 Häusern bestehen. Zurück auf dem Kisilvegur (87)Ein einsames Leben. Über eine kleine Querverbindung fahren wir in Richtung Westen, bis wir auf die 845 stoßen. Immer wieder passieren wir Flussläufe und Seen.

Das Wetter wird immer besser. Wir wissen aber auch, dass es in dieser Jahreszeit auch bereits bald dunkel wird. Wir freuen uns auf den letzten Tag in unserem Guesthouse, bevor es weiter geht in Richtung Westen und durch das Hochland. Zurück am GoðafossAber zunächst haben wir eine heiße Dusche und ein gutes isländisches Abendessen im Sinn.

Island hinterlässt uns jeden Tag mit dem Kopf voller Eindrücken, die erst einmal genossen und verarbeitet werden wollen. Was hilt dabei besser, als ein traditionelles Feierabendbierchen. Wir haben es uns verdient.

Auch dieser Tag geht mit imposanten Motiven zu Ende. das Wetter ändert sich schon wieder. Dicke Wolken schieben sich aus Osten über unsere Herberge. Nur die letzten Strahlen der Untergehenden Sonne leuchten gleißend und ungewohnt kontraststark über den Goðafoss zu uns herüber. Zufrieden freuen wir uns auf den nächsten Tag.

Ich kann nur raten, besucht Island. Ihr werdet es nicht bereuen.
Euer Friedbert

 

 

 

 

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