Island Tag 2 — Sellandafjall zwischen Mývatn und Svartárvatn — Die Wüste am Rande des Hochlands

Liebe Freunde,

bereits der erste Tag war geprägt von unvergleichlichen Eindrücken. Nur das Wetter forderte immer wieder eine hohe Selbstmotivation. So auch am zweiten Tag. Wir hatten uns vorgenommen, das Gebiet zwischen AskjaMývatn und Sellandafjall zu bereisen und so die Wüstenregion am Rande des isländischen Hochlands kennen zu lernen. Leider begrüßte uns auch am zweiten Tag sehr regnerisches Wetter. Zu Hause hätten wir gar nicht daran gedacht, auf die Motorräder zu steigen. Nur in nördlicher Richtung, bei Húsavík, war ein kleiner blauer Fleck am Himmel auszumachen. Das Hochland hing in dicken, dunklen Wolken. Sollen wir trotzdem fahren?

Sonne war kein Argument für Adelmut und so brachen wir am Goðafoss startend entlang des Skjálfandafljót in Richtung Hochland auf.

Wir folgten zunächst dem Skjálfandafljót auf der gut planierten Schotterstraße 844 in Richtung Süden. Parallel dazu, auf der westlichen Seite des Flusses verläuft die 842, die von der nördlichen Ringstraße kommend den Einstieg in die wohl bekannteste Hochlandpiste, der Sprengisandur (F26), bildet. Doch diese wollten wir erst später bereisen.

Wir fuhren zunächst ohne Regenkleidung los. Aber bereits nach wenigen Kilometern schoben sich dichte Wolken über uns und der Regen begann erneut. Als Friedbert die Regensachen anzog, dachte er an den blauen Flecken am Himmel über Húsavik. Hätten wir doch nach Norden fahren sollen?

Wir fuhren weiter. Nach etwa 30 km biegt die Straße nach links auf eine Hochebene hinauf ab. Wir folgen den Lundabrekkuvegur 843 bis wir bei einer kleinen Siedlung mit etwa 5 Häusern an den Svartárvatn stoßen. Zunächst sieht es aus, als wären wir in einer Sackgasse gelandet, da die Straße an einem Hof zu enden scheint. Das Tor steht offen. Das Kartenmaterial auf dem Garmin zumo 660 kennt noch einen Weg, der als dünne schwarze Linie gezeichnet ist. Straßennummer trägt sie keine mehr. Wir erinnern uns, dass Zäune dazu gebaut sind um Schafe einzusperren, aber nicht um Menschen auszusperren. Stimmt das auch im Fall eines offensichtlich privaten Hofes? Wir fahren vorsichtig und respektvoll auf das Privatgelände an einem nicht zu freundlich blickenden Hofhund vorbei und folgen einem etwas breiteren Fußweg zwischen See und Scheune entlang. Auf der anderen Seite des Hofes geht ein kleiner Trail, den zaghaft selten fahrende Zweispurfahrzeuge über die Jahre in die Wiesen gespurt haben, weiter. Bingo! Das ist unser Weg.

Die freie Fahrt dauert nicht allzu lange. Hier auf einer Höhe von 420 m ist das Gras noch dicht genug, dass man entlang der Flussufer gut Schafe halten kann. Die Tiere haben es hier sehr gut. Halb wild lebend gehört ihnen hier quasi das ganze Land. Damit sie jedoch nicht ganz weglaufen können, befinden sich etwa alle 5 bis 10 km wieder Weidegatter, deren Tore lediglich mit Schnüren und speziellen Knoten verschlossen sind. Somit heißt es immer wieder absitzen, Gatter öffnen, durchfahren, wieder absitzen und das Gatter wieder verknoten. Im kontinuierlichen Nieselregen keine so nette Beschäftigung. Das abwechslungsreiche Land und die wunderschönen und einsamen Fernblicke entschädigen aber dafür.

Die Bodenbeschaffenheit wechselt immer wieder. Teils fahren wir auf lehmigem, aufgeweichtem Untergrund, teils auf Sand, teils auf den Wiesen. Wir bleiben auf den kleinen Wegen, drehen nur sanft am Gas und respektieren das Offroad-Fahrverbot, das auf der gesamten Insel gilt.

Zunächst folgen wir stetig einem Bachlauf in Richtung Osten. Bald erscheint der markante Berg Sellandafjall, an dem man sich gut orientieren kann. Je näher wir dem Sellandafjall kommen, um so wüstenähnlicher wird das Gelände. Teilweise fahren wir über Lavagestein, das zähflüssig kriechend langsam erkaltet ist. Wenige Kilometer weiter ragen brotförmige Lava-Laiber aus dem Boden. Sie sehen aus, als wären sie zu lange gebacken worden, so dass sie oben aufgeplatzt sind. Eine unheimlich beeindruckende und abwechslungsreiche Landschaft. Später werden wir sagen, dass dies einer der schönsten Tage auf Island war. Eine fast unberührte und einsame Gegend und auch das Wetter wurde auf unserem Weg zum Sellandafjall immer besser und trockener.

Um so näher wir dem Sellandafjall kamen, um so karger wurde die Landschaft. Das Grün wich und der Untergrund wurde zunächst sandiger. Ein grau-schwarzer mittelfeiner Lavasand mit einer Körnung zwischen grobem Sand und Rollsplitt   Doch auch dieser Untergrund dauerte nur wenige Kilometer an und bald fuhren wir durch eine braun-graue Steinwüste.

Das Navigationsgerät zeigte einen Flusslauf vor uns an und einen Hügel weiter sahen wir die erste Furt unserer Reise vor uns auftauchen. Hangabwärts haltend prüften wir zunächst die Tiefe und Beschaffenheit des Flussbetts. Hier waren schon Fahrzeuge vor uns gefahren. Dies lag offensichtlich aber schon länger zurück. Wir hatten Glück, das klare Wasser des Quellflusses zeigte in mittlerer Tiefe einen steinigen und offensichtlich gut befahrbaren Untergrund. Wir verzichteten auf das angeratene Abschreiten mit den Watstiefeln.

Nach dieser ersten Furt folgte die Steinwüste und selbst hier trafen wir noch auf Weidezäune. Auf der Westseite des Sellandafjall wurden die Spuren teilweise dünner und wir folgen dem GPS in nördlicher Richtung. In diesem Bereich fehlte jede Vegetation. Wir hielten kurz an, um einige Fotos zu schießen. Unglaublich: nach einigen Minuten kamen Mücken. In dieser kargen Landschaft mussten sie Wochen gewartet haben, bis wir auf den Motorrädern vorbei kommen. Mývatn, die Mückenseen. Daher kommt der Name. Wir steigen auf und fahren zügig weiter.

Nach 15 Kilometern Steinwüste wird die Landschaft wieder freundlicher. Das leichte Grün der Gräser kehrt zurück und bald sehen wir am Graenavatn erste Höfe und Häuser.

Wir haben viele Bilder gemacht. Weitere Eindrücke der Route findet man in der angehängten Gallerie. Ich werde nicht jedes Bild beschreiben.

Nach der langen Tour des ersten Tages hatten wir uns vorgenommen, den zweiten Tag etwas langsamer anzugehen und nur diese kleine aber wirklich wunderschöne Route zu fahren.
Es ist bereits später Nachmittag geworden, als wir in Mývatn angekommen waren. Unser Ziel war das Thermalbad Jarðböðin við Mývatn. Die Einheimischen sagten uns, es sei schöner als die bekannte blaue Lagune Bláa Lónið. Für die Lage trifft dies auch in jedem Fall zu. Man liegt im heißen, mineralhaltigen Wasser und hat eine wundervolle Aussicht über die Vulkanfelsen und hinunter auf Mývatn. Das Bad ist wesentlich kleiner als das bekannte Pendant, dafür aber auch wesentlich weniger überlaufen. Ein wirkliches Juwel. Wir stellen die Motorräder ab, leihen uns Handtücher und Bademäntel und genießen den gesamten Abend im heißen Wasser. Viel später als geplant, es beginnt bereits zu dämmern, treten wir den Heimweg zu unserem Guesthouse durch die Seenlandschaft Mývatn an.

Der gesamte Islandurlaub war wundervoll. Rückblickend muss man aber wirklich sagen, dass dieser Tag einer der gelungensten und schönsten Tage unserer Reise war. Um das Fernweh noch ein wenig zu steigern habe ich neben dem GPS-Track auch noch eine besonders lange Bildergallerie angehängt.

Bis bald und herzliche Grüße
Euer Friedbert

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