Ostalpen Teil 2: Über den Passo della Forcella und Malga Losa zum Lago di Sauris

Liebe Endurowanderer,

heute gibt es einen Leckerbissen, die Fortsetzung der Ostalpentour. Diese Etappe war wohl mit Abstand die schönste, mit SG4-5 aber auch die schwerste Teilstrecke der Tagestour. Wir hatten in Ovaro nochmal vollgetankt, da auf längere Strecke keine Tankstelle zu erwarten ist. Natürlich fragt man den Tankwart nochmals nach der Beschaffenheit und Befahrbarkeit der Strecke. Bücher sind meist schon veraltet und auch Blogs müssen nicht immer aktuell sein. Zunächst ein Missverständnis, Friedbert spricht nicht fließend Italienisch, der Tankwart will uns auf die Bundesstraße nach Westen schicken. Nein, wir wollen nicht die Forcella Lavardet, einen landschaftlich schönen, leicht zu fahrenden Sattel (Beschreibung folgt!) nord-westlich des Lago di Sauris fahren, sondern wirklich zunächst hoch über den Passo della Forcella zur Malga Losa. 

Der Tankwart sieht uns und unsere Bikes prüfend an. Friedbert hat für die Dreitagestour nur einen kleinen Packsack auf den Gepäckträger seiner 990 Adventure geschnallt. Koffer benötigt man für einen solchen Kurztrip nicht. Sein Bike steht auf dem Hautpständer noch vor der Zapfsäule. Der Tankwart wiegt mit dem Kopf hin und her. Friedberts Kumpel steht neben seiner Honda Transalp. Das neue Modell sieht wirklich nicht mehr sehr wie eine Enduro aus, hat aber noch einige Gene der alten Transalp geerbt — die Bereifung gehört jedoch nicht dazu. Schließlich zeigt der Tankwart auf die KTM und sagt: „Also mit dem Bike könnte es klappen. Es wird zwar nicht leicht und eigentlich gibt es da oben nur Schafe und ausgewaschenen sehr groben und losen Schotter, aber es könnte klappen.“ Dann wendet er sich in Richtung Transalp und meint nur: „Aber damit braucht ihr es erst gar nicht versuchen. Damit kommt ihr da nicht hoch.“

Jetzt hatten wir uns gerade warm gefahren und ich hatte mich schon auf die Ostrampe zum Passo della Forcella gefreut. Auf den Tankwart bezogen: „Der fährt bestimmt nicht Enduro. Was sollen wir machen?“ — „Na wir fahren natürlich hoch! Wird schon klappen.“ Wir sich später herausstellte hatte mein Kumpel den Tankwart nicht richtig verstanden. Ich bin froh darum, er mag es nämlich gar nicht, wenn jemand seine Transalp schmäht. „Dann brechen wir also auf! Wenn es zu hart wird, dann können wir ja umdrehen.“ sagte ich noch, aber er hatte seine Transalp schon angelassen.

Wir fuhren über Luint nach Mione, einen kleinen Ort am Fuße der westlich gelegenen Bergkette, die wir überqueren wollten. In Mione muss man einmal rechts Abbiegen und dem Weg bergauf in Richtung Wald folgen. Bereits die ersten Kehren sind zwar noch geteert, dafür aber recht steil und bereits in diesem Abschnitt mit groben Schotter und Geröll überzogen. Viel befahren ist dieser Weg offensichtlich nicht. Dafür ist er auch nicht gesperrt und frei befahrbar. Nach wenigen Kehren kommen wir zum Stehen. Ein typisch Italienischer Trupp Bauarbeiter steht mit schweren Gerät mitten in der schmalen Straße. Kein Vorbeikommen. Wir machen auf und aufmerksam. Der Baggerfahrer fährt ein wenig zur Seite. Die Passage ist gerade breit genug für eine Enduro ohne Koffer. Was graben die da? Hier fährt doch niemand. Die Bauarbeiter schauen uns mit mürrischen Blicken an: „Was wollen die denn da? Die haben sich doch verfahren, drehen in 500m ohnehin um und wir müssen wieder den Weg freimachen.“ — Friedbert denkt noch kurz über das Projekt nach, dann ist er schon vorbei. Was soll ich sagen, die Bauarbeiter ebenso wie der Tankwart haben sich getäuscht. Es soll noch eine richtig schöne Tour werden und wir haben es nicht eilig, wir lassen uns Zeit. Bis heute ist nicht klar, was dort gegraben wurde.

Zunächst kommt Kurve für Kurve mehr Schotter auf immer weniger Teer bis der Asphalt in einen reinen Schotterweg übergeht. Im Verlaufe der Strecke wird der Schotter immer grober und die Auffahrt immer steiler, bis man die Baumgrenze erreicht. Es sind einige Passagen enthalten, die wirklich den Willen benötigen weiter zu fahren. Aber eine gute Enduro macht das schon. Friedbert sagt immer, die Einschränkung ist nur der Fahrer.

Auffallend ist, der Denzel (23. Ausgabe) listet diese Route nicht, sondern beschreibt nur die Anfahrt aus Westen zur Malga Losa und zum Passo delle Forcella. In den Tourenbüchern aus gleichem Hause ist jedoch ein Hinweis zu finden. Alpenrouten.de bewertet die Tour mit SG4-5 und nennt eine Steigung von stellenweise bis zu 28%. Offroad unerfahrenen sei daher aussschließlich die deutlich einfachere Auffahrt zur Malga Losa vom Lago di Sauris aus empfohlen.

Ein Problem soll hier nicht verschwiegen werden: Um den Almweg vor Unterspülung und Auswaschung zu schützen sind vorwiegend in den steilsten Passagen Abschnitte betoniert. Teils sind diese Stücke Plan, enden aber typischer Weise in sowohl breiten als auch tiefen Querrinnen, die das Wasser ableiten sollen. Die Bodenfreiheit der 990 Adventure war hier immer ausreichend. Von der Transalp konnte das mein Kumpel jedoch nicht berichten. Trotz geeignetem quer Anfahren schlug die Federung der doch zu sehr für den Straßeneinsatz optimierten Transalp regelmäßig durch, so dass man diese Teilstrecke nur für richtige Enduros (Endurogene alleine reichen nicht zwingend) empfehlen kann.

Im oberen Drittel der Strecke wird die Steigung geringer und der Fernblick entlohnt einen für die Strapazen auch mal ein Motorrad aufgehoben zu haben, das im losen Schotter seine Linie selbst finden wollte. Der Pass selbst ist unspektakulär, eine schmale Schotterdurchfahrt mit schönem Ausblick.

Es folgen einige kurze Abfahrten und Auffahrten auf groben teils losem Schotter. Insgesamt bleibt man jedoch auf etwa gleicher Höhe und passiert einige wenige, meist verlassene Schafszuchten, bis man nach einigen Kilometern zur Malga Losa kommt, wo wir eine Rast eingeplant hatten. Leider war Saisonbedingt geschlossen, man habe mit den Tieren zu tun und würde derzeit nicht bewirten. Was aber nur heißt, dass die bewirtschaftete Terrasse geschlossen war. Ein Schäfer begrüßte uns freundlich. Offensichtlich froh über jeden Besuch zeigte er uns die Kunststücke seines Hütehundes und bot und frisches Wasser an. Die Sprachbarriere schien kein Problem zu sein und Friedberts Gefühl, ein lauter, Motorrad fahrender Eindringling in dieser ruhigen Idylle zu sein war scheinbar unbegründet.

Der Weg von der Malga Losa hinab über Lateis zum Lago di Sauris ist um vieles leichter und auch für ungeübte Enduristen zu empfehlen. Es handelt sich dabei um einen gut unterhaltenen Wirtschaftsweg, der alle Almen anbindet. Zunächst fährt man über festen, feinen, weißen Schotter bergab. Eine Teilstrecke ist sogar asphaltiert. Eine kleine Bachdurchfahrt stellt kein Hindernis dar und der  Blick auf den Lago di Sauris, so schön er auch ist, deutet bereits das Ende des Schotterpiste an. Wir sind zurück auf den Straßen, die wir mit vielen anderen teilen. Ach gäbe es nur mehr solche Abstecher.

Bei Google Maps wird es nun schwierig, die Route zu zeigen. Auch Karten von Straßennavis beginnen zu versagen. Besser man hat Wanderkarten dabei. Zum Glück gibt es auch das OpenStreetMap Projekt, das sich nicht auf Straßennavigation beschränkt. Anbei OSM Kartenausschnitt der Route mit dem braun gestricheltem Weg von Mione zum Lago di Sauris: OSM Karte anzeigen. Auf der Reit- und Wanderkarte ist die Strecke noch besser zu sehen.


Friedberts Motorradtouren auf einer größeren Karte anzeigen

Im nächsten Teil geht es weiter Richtung Westen. Ein Wochenende ist kurz und wir müssen leider bereits an die Heimreise am Sonntag denken.

Herzliche Grüße
Euer Friedbert

4 Gedanken zu „Ostalpen Teil 2: Über den Passo della Forcella und Malga Losa zum Lago di Sauris

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